Donnerstag, 30. April 2009

Zehn Jahre Neuseenland und das weitere Werden: Landesdirektionspräsident Walter Christian Steinbach im Interview (2)

Architekten, mentale Zurückhaltung, ein Rückblick und eine rein persönliche Vorschau auf die Entwicklungen im Leipziger Neuseenland – Landesdirektionspräsident Walter Christian Steinbach im Interview mit der L-IZ.


"Aus einem Guss": Walter Christian Steinbach und das Neuseenland. Foto: LDL/br

Herr Steinbach, Sie hatten bei der Dienstberatung am 30. März die Architektenentwürfe von 1994 angesprochen und eine Neuauflage angeregt. Damals waren rund 15 Architekten dabei. Was hatten die sich damals vorgestellt, was im Neuseenland entstehen könnte?
(Steinbach): Das Regierungspräsidium Leipzig hat 1994 einen internationalen Teamwettbewerb organisiert, bei dem etwa 15 internationale Architekten und Landschaftsplaner gemeinsam mit Akteuren und Experten aus der Region diskutiert haben, wie diese neu entstehende Landschaft konzipiert werden kann. Das Ergebnis dieses internationalen Wettbewerbes bildet bis heute das Grundkonzept für die Entwicklung des Leipziger Neuseenlandes und des touristischen Gewässerverbundes, die Verbindung möglichst vieler Seen untereinander und mit dem Gewässersystem der Stadt Leipzig.

Eine Reihe von Architekten haben an diesen Grundüberlegungen mitgewirkt, die wir heute zu den Top Ten zählen – wie Michael Sorkin, Rem Koolhaas, Hans Kollhoff, und viele andere heute sehr bekannte Architekten. Ich regen an, dass man einige dieser Architekten heute nach 15 Jahren wieder einlädt, auch mit jüngeren Architekten, um gemeinsam mit regionalen Experten die bisherigen Entwicklungen zu bilanzieren und neue bzw. neuartige Ideen für die künftige und zukunftsfähige Entwicklung zu diskutieren.

Bei der Dienstberatung am 30. März haben Sie das Wort “mentale Zurückhaltung bei der Entwicklung des Neuseenlandes“ gebraucht. Was ist damit gemeint?
(Steinbach): Also ich denke, dass eine solche Entwicklung immer auch in Wellen verläuft. Es gibt Perioden, wo alle Personen, die sich damit beschäftigen, sozusagen auf einer Wellenlänge sind. Und dann gibt es auch wieder Zeiten wo man merkt, das funktioniert noch nicht so gut, das muss noch genauer bedacht werden, es gibt diese oder jene Probleme. Dann entstehen die Entwicklung hemmende Probleme, quasi so etwas wie konzentrierter Gegenwind. Über die damit im Zusammenhang stehenden mentalen Dellen muss man hinweg. Ich denke, mit unseren gemeinsamen Überlegungen zur Durchführung einer nochmaligen internationalen Konferenz, sind wir gerade dabei, einen neuen Ansatz zu konzipieren, um die Schlussphase der Entwicklung erfolgreich zu bewältigen.

Wir leben im Frühjahr 2009. Das Neuseenland steuert auf seinen 10. Geburtstag zu. Was sind die Projekte, die Ihnen besonders gerne einfallen, die dabei entstanden sind?
(Steinbach): Ich denke dass der Cospudener See sich gut darstellt. Er wird ausgezeichnet angenommen. Den Zwenkauer See kann man in seinen Umrissen klar erkennen. Er wird der größte See zunächst einmal – allerdings wird das noch ein paar Jahre in Anspruch nehmen. Der Markkleeberger See ist so gut wie fertig, da fehlt noch ein halber Meter bis zum Endwasserstand. Der Kanupark ist fantastisch geworden. Ich denke auch, die Gastronomie ist auf einem guten Weg, sich immer überzeugender an den einzelnen Seen zu etablieren. Im Nordraum, wenn man sich zum Beispiel die Goitzsche ansieht, hat sich eine außerordentlich positive Entwicklung vollzogen.

Hier sind eine Reihe von sehr schönen Kunstwerken entstanden, wie die Bitterfelder Wasserfront, die ich sehr bewundere, oder den Pegelturm, der leider unter dem Sturm etwas gelitten hat. Wie man im Nordraum den einen oder anderen See verbinden kann, das muss noch zu Ende diskutiert werden. Insgesamt gesehen, finde ich es aber richtig, wenn wir bei dem Leipziger Neuseenland von einer der größten Landschafts- oder Wasserbaustellen Europas sprechen. Wenn Sie heute durch die Stadt gehen oder wenn Sie heute über die Kanäle, Mühlgräben und Flüsse der Stadt fahren und die Stadt vom Wasser aus erleben, kann man sich überhaupt nicht mehr erinnern, wie das 1990 mal ausgesehen hat.

Die Entwicklung geht schnell. Die ersten 10 Jahre sind vorbei. Was wird sich in fünf Jahren weiter im Leipziger Neuseenland entwickelt haben? Was wird es dann Neues geben?
(Steinbach): Ich denke, wir biegen jetzt auf eine relativ lange Zielgerade ein, aber schon jetzt ist absehbar, wie das Leipziger Neuseenland einmal aussehen wird. Wir werden in Kürze die Verbindung von Leipzig über den Floßgraben und die Schleuse Cospuden bis zum Cospudener See haben. Ich denke, wir werden bis 2014 vom Cospudener See in den Zwenkauer See kommen. Und ich hoffe auch, dass wir in dieser Zeit etwa die Schleuse zwischen dem Markkleeberger See und dem Störmthaler See fertig haben. Und mindestens beim Kanal vom Markkleeberger See ins Unterwasser des AGRA-Wehres wird man mit dem Bau begonnen haben und erahnen können, welchen Weg er nehmen wird. Wann der Kanal fertig sein wird, das kann heute noch keiner sagen. Man muss sehr genau überlegen, wie die bestehenden Raumwiderstände verträglich und gesetzeskonform bewältigt werden können. Aber ich denke schon, dass man in wenigen Jahren mindestens die Ansätze dafür sieht.